Gewässerzustandsbezogenes Monitoring und Management
Gewässer sind einer Vielzahl von dynamischen Einflüssen wie Gewässerausbau und –renaturierung, Extremereignissen, Havarien und Störfällen, Urbanisierung, Hochwasser oder Stoffeinträgen unterschiedlichster Art unterworfen. Um deren Wechselwirkungen mit hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung beschreiben und bewerten zu können, verfolgt das Forschungsprojekt „RiverView – Gewässerzustandsbezogenes Monitoring und Management“ einen ganzheitlichen Ansatz bei der Erfassung von Zustand und Entwicklung der Gewässer. Neben der Registrierung von hydrodynamischen, -physikalischen und –chemischen Gewässergütedaten beinhaltet RiverView die Entwicklung eines Über- und Unterwassermappingsystems auf der Basis von Bild- und Sonardaten. Zentrales Element von RiverView ist ein ferngesteuerter Mess-Katamaran. Dieser dient als Träger für eine neuartige Überwassermappingplattform, die 360°-Bildaufnahmen in hoher Dichte liefert, sowie für eine sonarbasierte Gewässerscanningeinheit und die hydrophysikalischen und -chemischen Messsensoren. Alle Messdaten werden zeitlich und räumlich referenziert in einem GIS-basierten Informationssystem verwaltet und hierüber zielgruppenabhängig allen potentiellen Nutzern aus Verwaltung, Wirtschaft und Bevölkerung zur Verfügung gestellt. Das Forschungsprojekt wird im Verbund von universitären Forschungseinrichtungen, Ingenieurbüros, Unternehmen und sondergesetzlichen Wasserverbänden durchgeführt. Das Verbundprojekt ist Teil der BMBF-Fördermaßnahme „Regionales Wasserressourcen-Management für den nachhaltigen Gewässerschutz in Deutschland“ (ReWaM) im Förderschwerpunkt „Nachhaltiges Wassermanagement“ (NaWaM).
Das gia ist im Rahmen von RiverView schwerpunktmäßig mit dem System für die bildgestützte Überwasserkartierung befasst. Dazu wird eine Montageplattform mit einem omnidirektionalen Mehrkamerasystem ausgestattet, das während einer Messfahrt die Gewässerumgebung rundum (360°) mit hoher zeitlicher Auflösung erfasst. Durch nachfolgende Prozessierung der Aufnahmen entstehen Panoramadarstellungen, die in der zentralen Geodatenbank abgelegt werden und in Verbindung mit den übrigen Gewässerparametern für spätere Sichtungen und Recherchen zur Verfügung stehen. Das Ziel ist die lückenlose Dokumentation der geometrischen Situation entlang des Flusslaufs, so dass zusammen mit den Sonardaten die Über- und Unterwassertopographie umfassend kartiert wird. Für die zeitliche und räumliche Referenzierung der Bild-, Sonar- und Gewässergütedaten wird die Plattform mit GNSS- und IMU-Komponenten ausgestattet, die als Positionierungs- und Navigationssensorik dienen. Wesentliche Bedeutung kommt hierbei der Kalibrierung des Multisensorsystems bestehend aus GNSS, IMU und Mehrkamerasystem zu, für die ein dauerhaftes Passpunktfeld eingerichtet wird.
Aus den in regelmäßigen Zeitabständen erstellten Aufnahmen des Kamerasystems resultieren durch die gleichförmige Vorwärtsbewegung des Gewässerfahrzeugs Serien von Bildfolgen, deren hohe Überdeckung genutzt wird, um mit speziellen Matchingalgorithmen aus der Computer Vision Forschung (Dense Image Matching) eine automatische Bildzuordnung durchzuführen. Aus dem Image Matching resultiert die exakte äußere Orientierung jeder Bildaufnahme und damit indirekt auch die Position und Orientierung des Messbootes zum Aufnahmezeitpunkt. Dieser Sachverhalt wird dazu benutzt, die GNSS/IMU-basierte Messung von Trajektorien und Drehungen des Messfahrzeuges zu verbessern, wobei die aus den Bildfolgen abgeleiteten Bewegungsdaten als Zusatzbeobachtungen einfließen. Auf der Grundlage der bekannten Bildorientierungen werden in einem weiteren Schritt hochaufgelöste 3D-Punktwolken (Structure from Motion, SfM) generiert. Aus den 3D-Punktwolken können dann Folgeprodukte wie digitale Oberflächenmodelle (DOM) oder farbtexturierte, fotorealistische Darstellungen der Gewässerlandschaft in 3D abgeleitet werden. Nicht zuletzt bilden die Aufnahmen die Basis für photogrammetrische Zwei- oder Mehrbildauswertungen, etwa für die Ermittlung von Objektgrößen und -distanzen (z. B. Baumdurchmesser, Gebäudebreiten).
Zum anderen obliegt dem gia der Aufbau des raum-zeitlichen Geodatenbankmanagementsystems (GDBMS), das das informationstechnische Fundament des Projektes bildet. Die Verwaltung und effiziente Nutzung der heterogenen sowie zeitlich und räumlich referenzierten Sensordaten erfordert den Einsatz einer leistungsfähigen Datenhaltungskomponente, die von verschiedenen Schnittstellen für die Ein- und Ausgabe begleitet wird. Das zentrale Datenmodell als Basis für die Implementierung der Datenbank spielt hierbei eine tragende Rolle. Für die qualitative und quantitative Beschreibung der vorhandenen Entitäten sowie deren Beziehungen in einheitlicher, abstrakter Form wird insbesondere auf objekt-relationale Modelle zurückgegriffen, welche die notwendige Flexibilität für die Modellierung der räumlich und zeitlich referenzierten Informationen gewährleisten. Für RiverView zum Einsatz kommen wird das Open-Source-Geodatenbanksystem PostgreSQL in Verbindung mit PostGIS. Die Verknüpfung der durch das Messboot erfassten großvolumigen Bilddaten mit den übrigen Sensordaten zur Beschreibung der Gewässerparameter macht eine im GDBMS integrierte Bilddatenverwaltung erforderlich. Aufgrund des großen Datenvolumens werden zusätzlich räumliche und zeitliche Abfragemechanismen im GDBMS implementiert, die performante Partialabfragen in Kombination mit der Betrachtung in verschiedenen Bildmaßstäben ermöglichen.
Ansprechpartner
Prof. Dr.-Ing. Jörg Blankenbach
Mies-van-der-Rohe-Str. 1
52074 Aachen
Tel.: +49-241-809-5300
Fax: +49-241-809-2142
Dr.-Ing. Raimund Schwermann
Tel.: +49-241-80-95303
Fax: +49-241-80-92142
Tel.: +49-241-80-95285
Fax: +49-241-80-92142